Die If-Clause-Regeln - Tipps für besseren Grammatikunterricht - Tod dem Mythos!

Jedes Englischbuch enthält Einheiten über Einheiten zu den if-clauses, an denen die Schüler verzweifeln. Dabei ist das, was im Lehrbuch steht, schlicht falsch und, was das Erlernen der Strukturen angeht, kontraproduktiv. Lies selbst, wie du die Strukturen mit weniger Aufwand leichter vermitteln kannst.

 

P.S.: Beim nächsten Artikel gibt es die Ergebnisse der Vergleichsarbeit!

Die Theorie

Alle Englischlehrer wissen (da sie da selbst durch mussten), dass es drei Typen von if-clauses (Konditionalsätzen) gibt. Nämlich:

 

Typ 1:
If it rains tomorrow, I will stay inside
Wenn es morgen regnet, bleibe ich drinnen.

 

Typ 2:

If it rained tomorrow, I would stay inside.

Wenn es morgen regnete, bliebe ich drinnen.

 

Typ 3:

If it had rained yesterday, I would have stayed inside.

Wenn es gestern geregnet hätte, wäre ich drinnen geblieben.

Die Ausnahmen

Aber hat sich jemand mal gefragt, ob das eigentlich stimmt? Ich stolpere jedenfalls ständig über korrekte Ausnahmen.

 

Zuerst einmal die allseits bekannte Höflichkeit, bei der der "falsche" Ausdruck der richtige ist:

  • I would be very grateful if you would stop talking about this. (Nicht: if you stopped talking) Ich wäre sehr dankbar, wenn du aufhören könntest darüber zu reden.

 

Dann wären da noch die Wünsche:

  • If she would only listen to me, we would all be happier.

 

If-clause type I immer mit will/won't, richtig? Vielleicht doch nicht:

 

  • Aus einer Abiklausur: "If the majority is not for the Green Revolution, it is not going to work."
  • Die gleiche Klausur, finde ich legitim: "If the people do not trust the head of their country, how could they support the decisions they make?"

 

Es wird erst richtig spannend, wenn man anfängt, die if-clauses zu mischen:

  • If she calls tomorrow, I wouldn't answer. (Andere Konnotation als "If she called tomorrow...", hier an jemand anderen gerichtet.)

 

Meine Schüler sprachen bei Type III über Dinge, die sie bereuen:

  • If I hadn't fought with my best friend, we would still be friends. (korrekte Mischung aus II und III)

 

Auch andere nette Mischungen:

  • If you really sold drugs to her yesterday, I will call the police now.
  • If it goes on sale tomorrow, I should have waited longer before buying.

 

Also, willst du das alles jetzt als Regeln versuchen zu vermitteln? Damit garantieren wir den totalen Kopfsalat und Fehler bis in alle Ewigkeit!

 

Aber wie dann?

Schauen wir uns doch einmal an, wie Menschen, die Sprachen ohne Grammatikunterricht erwerben, Konditionalsätze lernen (das gibt es, und zwar nicht wenig *SCHOCK*):

 

Originalbild unter http://www.flickr.com/photos/nateandmiranda/2406174932/sizes/z/in/photostream/
Originalbild unter http://www.flickr.com/photos/nateandmiranda/2406174932/sizes/z/in/photostream/
  • "If" heißt offenbar "wenn", das heißt hier wird eine Bedingung ausgedrückt.

 

  • "Would" heißt offenbar "würde".

 

  • Wenn ich extrem höflich sein möchte, kann ich "if you would/if you could" sagen, in normalen Sätzen klingt das aber komisch.

 

Und der Rest besteht aus

  1. verstehen was die Sätze im Kontext bedeuten und
  2. sie so oft hören, bis sie für das Gehirn normal klingen und sie auch aktiv verwendet werden können.

Das dauert gar nicht so lange, denn die Konditionalsätze sind weitgehend in sich grammatikalisch schlüssig und mit Vorangegangenem locker vereinbar.

 

Was bedeutet das für den Unterricht?

Also hier die drei Tipps:

  • Höre auf, zu komplexe Regeln (wie z.B. die Bildung von if-clauses) zu unterrichten. Das können sich eh nur Grammatiknerds merken und das sind die allerwenigsten unserer Schüler (ich habe genau einen!).

 

  • Finde oder erschaffe stattdessen Texte, in denen die komplexen Strukturen möglichst oft richtig vorkommen.

 

  • Schaffe spielerische Situationen im Klassenraum, bei denen die neuen Strukturen vorkommen und übersetze sie hin- und wieder, damit klar ist, was sie bedeuten.

Ich habe meinen Schülern nach der Übung gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen sollen, wenn sie noch Fehler bei der Bildung von if-clauses machen. Ihr Gehirn bräuchte einfach noch etwas mehr Zeit, bis es die richtigen Formen ausspucken könnte. Ein eher schwacher Schüler lächelte mich dabei ganz entspannt an und sagte:

 

"Und irgendwann können wir so alles!"

 

Hier findest du einen späteren Blogartikel mit einer sinnvolleren Übung zu if-clauses.

 

Wenn du eine Idee für eine schöne Übung zu if-clauses hast und wissen willst, ob sie wirklich sinnvoll ist, schicke mir gerne eine Email oder einen Kommentar. Ich freue mich auch, einfach deine Meinung zu Grammatikkopfsalat zu hören.

Ach ja, und auf Grund des großen Interesses habe ich einen Spielereader für meine Newsletterleser zusammengestellt, mit den besten Spielen um die Schüler wirklich effektiv in der Fremdsprache voranzubringen. Du kannst ihn hier auch bekommen:

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Kommentare: 8
  • #1

    Herr Rau (Samstag, 26 April 2014 17:51)

    >Aber hat sich jemand mal gefragt, ob das eigentlich stimmt?

    Hoffentlich jeder Englischlehrer.
    Ich sammle ja auch if-Sätze, die nicht in die drei Muster passen. Um fair zu sein: Unser aktuelles Englischbuch führt erst die Sätze mit present im Nebensatz ein, und zeigt dann auch gleich drei Varianten davon. Möglicherweise ist das dann aber wieder vergessen, wenn im nächsten Schuljahr andere Typen drankommen. Dass man nicht alle Arten von if-Sätzen auf einmal macht, halte ich für vernünftig.

    Zwei meiner Lieblingssätze mit Abweichungen vom Standard:
    "If you will be so fascinating you must take the consequences." (H. Rider Haggard, Allan Quatermain)

    "If I didn't give the plans to you then, what makes you think I will do now?" (Casablanca)

  • #2

    comprehensibleinputdeutschland (Samstag, 26 April 2014 18:22)

    Ha! Nicht schlecht, die Beispiele, auch wenn das erste etwas historisch ist. Ich finde es ändert nichts, auch wenn man die If-Clauses Jahre auseinanderzieht ist es gruselig, Wochen darauf zu verschwenden, etwas zu unterrichten, was keinen effektiven Nutzen hat. Lieber Texte mit reichhaltigen Beispielen, das bringt mehr. Ich werde demnächst mal ein Beispiel liefern!

  • #3

    Jochen Lüders (Dienstag, 06 Mai 2014 18:39)

    Mein Kommentar: http://www.jochenenglish.de/?p=9979

  • #4

    Charlotte Dincher (Dienstag, 06 Mai 2014 19:53)

    Cool, vielen lieben Dank. Meine Antwort unter deinem Blogartikel.

  • #5

    uworissimo (Mittwoch, 07 Mai 2014 18:03)

    Hallo Charlotte, das ist ein interessanter Artikel und eine leidige Thematik, die du da ansprichst. Aber leider muss ich die 'Alltagstäglichkeit' deiner Forderungen in Frage stellen.

    Language learning vs. language acquisition:
    Ausreichend comprehensible input (wie bei der Aneignung der Muttersprache) kann nur in einem zeitlich engen Rahmen angeboten werden. Prinzipiell ist das auch wünschenswert bei der Verinnerlichung von grammatischen Strukturen, aber an den Umfang, mit dem Eltern mit ihrem Kind sprechen leider nicht kommt es nicht einmal annähernd heran. Eine explizite Bewusstmachung bestimmter Regelhaftigkeiten schafft da Abhilfe. Gerade bei komplizierten Strukturen wie den Konditionalsätzen.

    Didaktische Reduktion:
    Wie du selbst feststellst, kann man nicht alle Regeln einer Sprache (deskriptive Grammatik) einem Schüler vermitteln. Will man auch gar nicht, wenn das Hauptziel des FSU lautet, sich in der Fremdsprache in möglichst vielen verschiedenen Kommunikationssituationen verständigen zu können. Es reicht also, einige wenige Regeln/Ausdrücke/Vokabeln zu vermitteln, welche für das Erreichen von Sprechabsichten nützlich oder unabdingbar sind. Die Bildung der drei Konditionalsätze, wie sie in Lehrbüchern dargestellt werden, spiegeln nicht alle Möglichkeiten wider, aber sie bilden eine solide Grundlage, von der ausgehend weitere weniger "frequente" Formen individuell gelernt werden können. Der Großteil der Schülerschaft bequemt sich mit dem "Kernlernstoff" und fährt damit auch gut.

    Gesprochene vs. geschriebene Sprache:
    All deine von der Regel abweichenden Beispiele sind eher dem mündlichen Bereich zuzuordnen. Eine allgemeingültige Regel kann hierfür schwer aufgestellt werden. Wir wissen inwiefern sich gesprochene Sprache mit präskriptiver Grammatik deckt ("..., weil er ist nicht da.") Der Schüler soll stattdessen einfach nur eine Konsequenz (cond. I), eine Möglichkeit (cond. II) etc. ausdrücken können. Selbstverständlich kann man dies noch auf andere Wege mit u.U. nuancierten Bedeutungsunterschieden tun. Aber das Ziel bleibt der "vielseitige Sprachenlerner" und nicht der Muttersprachler.

    Funktionalität der Grammatik:
    Bei der Diskussion wird oftmals vergessen, warum Grammatik unterrichtet wird. Schüler sollen in möglichst authentischen, für sie wichtigen Gesprächssituationen sprachlich handeln können. Die Frage ist also: Wie kann ich das sagen? Die Regel hilft mir meine Aussage so zu formulieren, dass ich mein Ziel erreiche. Was spricht an dieser Stelle gegen die explizite Bewusstmachung der Bildung des cond. I als EINE Möglichkeit Konsequenzen zu versprachlichen? (Bsp. Organisation eines Kuchenbasars: "Wenn wir die Preise senken, werden mehr Schüler unsere Kuchen kaufen." vs. "Wir sollten die Preise senken, damit mehr Schüler unsere Kuchen kaufen.") Die Frage vor der Grammatikvermittlung sollte also heißen: Was sollen die Schüler mit der Struktur tun können?

    Es ist sicherlich schön, die L2 angelehnt an den Erwerb der L1 zu unterrichten, jedoch stößt man wegen fehlender Lernzeit und dringende Notwendigkeit der Kommunikation in der FS oft an Grenzen. Die Bewusstmachung in Form einer ausformulierten Regel gibt Sicherheit beim Einüben. (Wie war das gleich nochmal? If I were you, I would ...)
    Ein alternativer Vorschlag gemäß des Lexical Approachs wäre es, "If I were you, I would ..." gleich als Chunk lernen zu lassen.

  • #6

    comprehensibleinputdeutschland (Mittwoch, 07 Mai 2014 19:15)

    vielen Dank für deinen Kommentar. Dass das nicht alltagstauglich ist, habe ich auch immer gedacht... bevor ich es dann mit eigenen Augen gesehen und dann sebst ausprobiert habe. Jetzt arbeiten mittlerweile schon einige Lehrer in Deutschland auf diese Weise, es ist also möglich. Ich glaube ich muss das in kommenden Blogposts mal genauer erläutern.
    Liebe Grüße,

    Charlotte

  • #7

    Judith (Donnerstag, 21 April 2016 18:53)

    Hallo!
    Also bei uns (Österreich, 6. Klasse Gymnasium) wird die Mischung aus Typ II. und Typ III. als Typ IV. gelehrt... Ist das in Deutschland nicht üblich?

  • #8

    Charlotte (Samstag, 23 April 2016 13:45)

    Hallo Judith, danke für deinen Kommentar. Nicht soweit ich weiß. Wow, noch eine Regel mehr. Klingt nicht einfach für die Schüler...
    Liebe Grüße,

    Charlotte